Über einer Vielzahl von Vertragsärzten schwebte das "Damoklosschwert" anhängiger Richtgrößenprüfungen für den Arzneimittel und Sprechstundenbedarf gem. § 106 Abs. SGB V. In den Prüfverfahren drohten für einige Ärzte existenzbedrohende Regresse.
Der Gesetzgeber hatte die Folgen der Richtgrößenprüfung bereits erkannt und durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz Ende 2011 den Grundsatz "Kein Regress ohne vorangehende Beratung" in § 106 Abs. 5e SGB V verankert. Danach kann ein Regress erst dann festgesetzt werden, wenn nach einer erstmaligen Überschreitung der Richtgröße um mehr als 25 % eine individuelle Beratung des Vertragsarztes stattgefunden hat.
Eine vieldiskutierte Frage zwischen den Prüfgremien und den Vertragsärzten war infolge der gesetzlichen Regelung, ob dieser Grundsatz auch schon für anhängige Prüfverfahren gelten sollte.
Der Gesetzgeber hat Ende 2012 klargestellt, dass der Grundsatz auch für alle Prüfungsverfahren nach Richtgrößen gilt, die zum 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren. Damit haben sich diese Verfahren faktisch erledigt.
Eine Vielzahl von Fragen sind aber noch offen. Derzeit bemühen wir uns z.B. von den Prüfgremien für unsere Mandanten eine angemessene Erstattung der Kosten der Verfahren zu erreichen.
Das sog. GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 30.11.2011 bringt auch für Vertragsärzte eine Reihe von Neuerungen mit sich. Eine ausgesuchte Auswahl, mit denen wir uns für unsere Mandanten gerade beschäftigen, stellen wir Ihnen kurz vor:
- Die restriktiven Vorgaben für die Eröffnung von Zweigpraxen sind gelockert worden. Für die Genehmigung reicht zukünftig der Nachweis, dass sich mit der Zweigpraxis die medizinische Versorgung am neuen Standort verbessern und die Versorgung am eigentlichen Praxissitz nicht spürbar verschlechtern wird.
- Eine gewisse Lockerung soll auch der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung erfahren. Ärzte sollen sich künftig bei bestimmten Aufgaben von medizinischen Fachkräften aus dem Praxisteam unterstützen lassen können. Aktuell sollen die KBV mit den Krankenkassen, eine Liste von Leistungen zusammenstellen, bei denen eine solche Delegation möglich ist.
- Bei der Neubesetzung eines Vertragsarztsitzens kann der Zulassungsausschuss bei einer festgestellten Überversorgung zukünftig entscheiden, den Arztsitz nicht neu zu besetzen. Der abgebende Vertragsarzt soll dann von der zuständigen KV einen Preis in Höhe des Verkehrswertes der Praxis erhalten. Diese Möglichkeit soll selbst dann bestehen, wenn der Vertragsarzt ansonsten keinen Käufer für seine Praxis gefunden hätte. Die Regelung kommt aber nicht zur Anwendung, wenn ein Verwandter des Arztes die Praxis übernehmen will oder wenn der ausscheidende Arzt zuvor in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig war.